Als alles anfing...
... hatte ich eigentlich noch keine Ahnung, dass es anfing.
Von der Idee bis zur Umsetzung braucht ein Projekt manchmal - oder sogar oft - längere Zeit. Und bis einem die Idee überhaupt erst einmal bewusst wird, bedarf es gelegentlich ebenfalls eines Vorlaufs. Zumindest in diesem Fall. An sich hatte ich sie - die Idee zum Buch-Koch-Blog - nämlich schon eine Weile vor Augen. Aber es hat einfach nicht "Klick" gemacht. Romane mit Rezepten Das "Es vor der Augen haben" ist übrigens wörtlich zu nehmen: Die Inspiration steckte buchstäblich in einigen Büchern, die ich im Lauf der letzten Jahre gelesen habe. Wer mich kennt, weiß, dass das wohl kaum Kochbücher gewesen sein können. Und wer es wissen will, schaut am besten in diesen Blog-Beitrag - oder in diesen. Es waren Romane, "stinknormale" Romane, in denen es um alles Mögliche ging - und ein bisschen auch ums Essen. Einer von ihnen stand seit meiner Kindheit im Bücherregal meiner Eltern: eine gebundene Ausgabe von "Es muss nicht immer Kaviar sein". Mein Vater hatte ihn als jüngerer Mann gelesen und ihn danach im Wohnzimmerschrank platziert. Da machte er sich mit seinem roten Rücken ganz gut und wurde von mir gründlich betrachtet. Es muss nicht immer Kaviar sein: Der Spion, der aus der Küche kam Gelesen habe ich den "Kaviar" damals als Teenager nicht, aber bemerkt, dass es nicht nur Seite um Seite voll der aberwitzigen, doch angeblich wahren Erlebnisse eines Spions wider Willen steckt, sondern auch viele Rezepte enthält: sämtliche Speisen nämlich, die Hauptfigur Thomas Lieven im Verlauf seiner Abenteuer seinen Gästen - darunter auch Josephine Baker - serviert. Das habe ich damals allerdings nur zur Kenntnis und das Buch in meinen Besitz genommen. Nichts für ungut, geehrter Herr Simmel, aber es stand leider bis kürzlich lediglich dekorativ in meinem Regal herum. Aber es war der Anfang vom Anfang... Das Lächeln der Frauen: Ein inspirierender Restaurant-Besuch Im Lauf der Jahre kamen andere Bücher hinzu, die nicht nur Geschichten, sondern auch Zubereitungsempfehlungen enthielten. Eines davon spielt in Paris und handelt von einer Restaurantbesitzerin, die mit Liebe kocht und durch ihr Lächeln bezaubert - und zwar vor allem einen bestimmten Schriftsteller, den das Lokal und seine Köchin zu seinem Erstlingswerk inspirieren. Das Buch ist ein großer Erfolg und in aller Munde. Es wird auch von der Hauptfigur verschlungen. Die erkennt sich auf den Seiten wieder - und sucht den Kontakt zu dem Schriftsteller. Der jedoch bemüht sich, unerkannt zu bleiben. Das führt zu allerlei Verwicklungen, mündet aber in ein "Menu d´amour". Rezepte zum Nachkochen im Roman-Anhang Wer es nachkochen will, findet die Angaben praktischerweise im Anhang des Romans. Das habe ich seinerzeit ebenfalls zur Kenntnis genommen und das Taschenbuch zum Simmel in die Bücherwand gestellt. Ein paar Wochen später schrieb mich eines Abends ein mir ganz gut bekannter, aber hier nicht namentlich zu nennender Freund an. Er schickte mir einen Link: Ich solle mal schauen, in dem Film habe er mitgemacht. Ich wurde allerdings zu äußerstem Stillschweigen verdonnert, weil es sich um etwas handele, dass er als "Frauenfilm" bezeichnete. Dieses ein Genre, mit dem Mister X an sich nicht besonders viel anzufangen weiß. Noch dazu lief die Produktion unter der Rubrik "Herzkino" im Fernsehen... Mein erstes "Read & Eat"-Rezept: Lammragout á la literature Ich klickte neugierig in die Mediathek und erkannte nicht nur meinen kameratauglichen Freund, sondern auch die Handlung wieder, ging es doch um ebenjenes "Das Lächeln der Frauen", das ich vor nicht allzu langer Zeit gelesen hatte. Klar, was beim nächsten Date auf der Speisekarte stehen würde: ein Gericht aus besagtem Werk, so wie es Aurélie, die Dame mit dem schönen Schmunzeln, ihrem Gast servierte. Meine Wahl fiel auf das "Lammragout mit Granatapfelkernen und gratinierten Kartoffeln". Es hätte allerdings auch das "Curry d´agneau" aus dem La Coupole, ein Restaurant in Paris und ein Rezept aus dem Jahr 1927, werden können. Auch das spielt in Buch und Film eine kleine Rolle. Ich wollte aber Granatäpfel zum Lamm, ich Schaf! Die Verarbeitung der Früchte verwandelte meine kleine Küche in ein Schlachtfeld: blutrote Spritzer überall! Es war einfach eine - Entschuldigung - Sauerei, obwohl sich der Arbeitsschritt im Rezept so harmlos ausnimmt: "Granatäpfel halbieren und die Kerne herausholen und zur Seite stellen." Das Lächeln der Frauen, S. 330 Dass danach erst einmal alles grundzureinigen ist - auch man selbst -, darüber schweigt des Dichters Höflichkeit. Das Drama um den Granatapfel verheimlichte ich meinem ersten - wir wussten es damals freilich nicht - Buch-Koch-Blog-Gast. Das "Mis en place" hatte ich - Gott sei Dank - schon abgeschlossen, als er eintraf. Ganz praktisch, wenn man zeitnah speisen möchte, denn das Gericht braucht ein Weilchen : "..., und alles zugedeckt bei schwacher Hitze (150 Grad) im Backofen etwa zwei Stunden schmoren lassen." Das Lächeln der Frauen, S. 330 Das lange Schmoren mag man zartem Lammfleisch zumuten, aber keinem hungrigen Besucher. Der durfte beim Bereiten des Kartoffelgratins seine wirklich vorzüglichen Kochkünste einsetzen. Es wurde ein schöner Abend und ein schmackhaftes Mahl. Und brachte mich schließlich nach der Lektüre noch weiterer mit Rezepten gespickter Bücher auf die Idee zum Kochen à la littérature. Fazit: Lesen, kochen und essen lohnt sich Ich empfehle das Gesamtpaket: Man nehme das Buch und/oder den Film sowie das Rezept - und fühle sich ein wenig wie Aurélie oder zumindest wie einer ihrer Gäste im fiktiven "Temps des Cerises", dem Schauplatz der sehr charmanten, französischen Liebeskomödie. |